Dialektik der Aufklärung

21. April 2008 § Hinterlasse einen Kommentar

Der Blogger Chodo, der sich den „Brights“ zurechnet – sich also als kämpferischer Atheist und Aufklärer versteht – und für den Dalai Lama nichts übrig hat, fühlt sich gleichwohl von den Hetzschriften eines Colin Goldner und seinesgleichen abgestoßen und bezeichnet sie als das, was sie sind, als

Schmutzige „Aufklärung“:

Ein gewisser Colin Goldner hat bei der Zeitung “Junge Welt” (einer marxistischen Zeitung) ein wirklich abstoßendes und offen suggestives Pamphlet gegen den Dalai Lama (und für die chinesische Regierung) veröffentlicht. Der Inhalt ist dermaßen lächerlich, dass es jedem gesunden Menschen sofort auffallen muss.

Bei dem Rest des Artikels frage ich mich, woher die “Fakten” eigentlich stammen? Ich mutmaße mal direkt aus China.

Im Zusammenhang mit China dem Dalai Lama mangelndes Demokratieverständnis vorzuwerfen ist auch harter Tobak.

Es heißt der Dalai Lama “behauptete er wahrheitswidrig” Menschenrechtsverbrechen. Where’s the beef? Kein Beleg, keine weitere Untermauerung, stattdessen der Verweis auf die Unruhen “am selben Tag”.

“Die Polizei ging konsequent gegen den Rotkuttenmob vor und nahm zahlreiche Verhaftungen vor.” Das ist so ziemlich der einzige Satz, der sich mit den Handlungen der Chinesen befasst. Etwas mehr werden sie schon gemacht haben.

Selbst wenn die Vorwürfe in dem Artikel von Goldner die ausgemachte Richtigkeit hätten, bliebe die Art und Weise ihrer Äußerung gleich empörend und verabscheuenswürdig.

Fortschrittsfreunde

21. April 2008 § 2 Kommentare

Jungle-World-Dissident Stefan Wirner schreibt in der heutigen WELT über linke China-Apologeten, die den Tibetern in den Rücken fallen, weil der Dalai Lama ein „schmieriger Kostgänger des Westens (ist), der die Vergangenheit einer parasitären Mönchsdiktatur verkörpert.“

Norman Paech, der außenpolitische Experte (der Linksfraktion) … sagte dem Berliner „Tagesspiegel“, „bei aller Farbigkeit und allem schönen Traditionalismus“ trage das System des tibetischen Buddhismus auch „sehr starke feudale Elemente, die hinter dem freundlichen Lächeln des Dalai Lama verschwinden“. In der Frage der Menschenrechte zeigte Paech sich überzeugt, dass die Chinesen „da einen großen Schritt weitergekommen sind“.

… Die Linke hat kein grundsätzliches Problem mit der Religion – es kommt ihr schlicht darauf an, in welchen Diensten diese steht. Wenden sich religiöse Führer gegen den Westen und die Demokratie, so sind sie durchaus ein möglicher Bündnispartner. Die Tageszeitung „Junge Welt“, die dem radikalen Spektrum der Linkspartei nahesteht, brachte es in einem Kommentar auf den Punkt: „Khomeini war der Inspirator einer antiimperialistischen Volkserhebung, die das Antlitz der Region entscheidend verändert hat. Der Dalai Lama ist ein schmieriger Kostgänger des Westens, der die Vergangenheit einer parasitären Mönchsdiktatur verkörpert.“ « Den Rest dieses Eintrags lesen »

Was zusammengehört

5. April 2008 § 50 Kommentare

Es ist kein Land in Europa, das nicht in irgendeinem Winkel eine oder mehrere Völkerruinen besitzt, Überbleibsel einer früheren Bewohnerschaft, zurückgedrängt und unterjocht von der Nation, welche später Trägerin der geschichtlichen Entwicklung wurde. Diese Reste einer von dem Gang der Geschichte, wie Hegel sagt, unbarmherzig zertretenen Nation, diese Völkerabfälle werden jedesmal und bleiben bis zu ihrer gänzlichen Vertilgung oder Entnationalisierung die fanatischen Träger der Konterrevolution. Friedrich Engels, 1849 (MEW Band 6, S. 172)

Die linke Flanke unserer gemütlichen kleinen „prowestlichen“ Blogokugelzone – namentlich das Bad Blog – findet es gar nicht gut, daß die reaktionären Tibeter sich gegen das fortschrittliche China erheben. Denn der Einmarsch der Chinesen 1950 und das Massaker an zehntausenden Tibetern unter dem Großen Vorsitzenden Mao Zedong neun Jahre später gilt in diesen Kreisen bis heute als zivilisatorische Mission gegen den buddhistischen Klerikalfaschismus, der unweigerlich wiederauferstehen würde, sollte der finstere Dalai Lama wieder ans Ruder kommen. Das Bad Blog flüchtet sich – durch kenntnisreichere Kommentatoren, die sich sowohl mit chinesischer Geschichte als auch mit der Geschichte des Kommunismus beschäftigt haben, in die Enge getrieben – sogar in linken Geschichtsrevisionismus, indem es die größte Hungerkatastrophe der Menschheitsgeschichte, die durch Maos „Großen Sprung“ ausgelöst wurde, dem schlechten Wetter und der mangelnden Hilfsbereitschaft des Westens anlastet:

Und erkläre mir mal, wie eine Hungerkatastrophe, die vom schlechten Wetter verursacht wurde, den Maoisten in die Schuhe zu schieben sei? Wo doch der tolle Westen seine Hungerhilfe verweigert hat, oder dafür soviel Geld verlangt hat, dass es für die Chinesen zu teuer war.

Gewährsmann für diese Geschichtsauffassung ist für Bad Blog – wie auch für Lizas Welt – der Journalist Colin Goldner, Psychologe, Kulturanthropologe und Autor für Jungle World und Junge Welt – außerdem Mitglied im Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten und der Giordano Bruno Stiftung.

In der rotbraunen und antizionistischen Jungen Welt hetzt Goldner offen gegen den tibetischen „Rotkuttenmob“, der vom Dalai Lama angeblich zum Terror gegen friedliche Chinesen aufgehetzt worden sei.

Im Internet kursierten wenig später erste Gerüchte über geplante Sabotageakte, Terroranschläge und Attentate.

Wird schon stimmen, wenn es im Internet kursiert. Wozu sollte ein kritischer Journalist das dann noch nachprüfen?

Und noch ein weiteres Verbrechen des Dalai Lama hat Colin Goldner aufgedeckt: Auf der Website der von Goldner mitbegründeten Tierrechtsorganisation 4pawsnet wird gnadenlos enthüllt, daß der Dalai Lama sich perfiderweise als Tierschützer und Vegetarier ausgibt, obwohl er beides nicht ist. Pfui!

Wenn es um China und Tibet* geht, paßt zwischen die Steinzeitkommunisten von Junger Welt und der Partei DIE LINKE und die „prowestliche“ Linke, die von den Feindbildern USA und Israel glücklicherweise Abschied genommen hat, kein Blatt Papier. Die schlichte humane Erkenntnis, daß man Menschengruppen, die nicht Trägerin der geschichtlichen Entwicklung sind, nicht einfach wie Völkerruinen oder Völkerabfälle behandeln darf, die man getrost vertilgen kann, ist in diese aufgeklärten Kreise noch nicht vorgedrungen.

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*Oder die Sowjetunion und Afghanistan, Rußland und Tschetschenien, Serbien und Bosnien bzw. Kosovo etc.

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